WiLi


Die Winter-Linde
„300 Jahre kommt sie, 300 Jahre steht sie, 300 Jahre geht sie.“ … so heißt es in einer alten Volksweisheit. Linden gehören neben den Eichen zu den wenigen heimischen Baumarten, die ein hohes Lebensalter erreichen und dabei wegen Umbildungsprozessen in Stamm und Krone für Jahrhunderte über größere Totholzbereiche am lebenden Baum verfügen (Roloff 2019).
Im Gegensatz zu anderen heimischen Baumarten setzen Winter-Linden auf Insektenbestäubung. Mit ihrer üppigen Blüte produzieren sie in den Monaten Juni und Juli, also relativ spät im Jahr, eine eindrucksvolle und entomologisch wichtige Tracht.
Durch ihre leicht zersetzbare, bodenverbessernde Streu, ihre akzeptable Ertragsleistung und ihre Schattenverträglichkeit eignet sich die Linde als Baumart für den Unterbau.
Ihr Vermögen, auch trockene Sommer unbeschadet zu überstehen, lässt es im Sinne der Risikominimierung sinnvoll erscheinen, für höhere Winter-Linden-Anteile in unseren Wäldern zu sorgen. Höhere Winter-Linden-Anteile können sich relativ schnell positiv auf die Nahrungsverfügbarkeit für Bestäuberinsekten auswirken und in ferner Zukunft als Lebensraum dienen für Flechten, Pilze und Tierarten, die altes Holz und Totholzpartien am lebenden Stamm benötigen.

Das Forschungsprojekt
Das Projekt „WiLi“ soll die Winter-Linde in den Focus der Aufmerksamkeit forstlicher Wissenschaft und Praxis rücken.
Der entomologische Forschungsteil konzentriert sich auf das Artenspektrum von Laufkäfern, Stechimmen und Tagfaltern in mittel- und hochwaldartig bewirtschafteten Lindenbeständen. Dabei soll auch der Ansatz der Schaffung mittelwaldartiger Bestandesstrukturen in Bereichen erhöhter Verkehrssicherungsanforderungen an Straßen und Bahnlinien verfolgt werden (vgl. Gockel et al. 2012). Darin wird eine Möglichkeit der wirtschaftlich sinnvollen Wiederbelebung dieser naturschutzfachlich wertvollen Betriebsart gesehen.
Der waldbauliche Forschungsansatz fokussiert auf die verschiedenen Verjüngungsarten – d.h. Saat, Pflanzung und Naturverjüng und erfolgt in enger Kooperation mit dem Kompetenzzentrum für Forstliche Nebenproduktion der Landesforstanstalt MV (KfN). Gemeinsam mit der Forstbaumschule Gädebehn und der Forstsamendarre Jatznick streben wir eine Optimierung von Saatguternte und Forstpflanzenanzucht an. Im Zuge dessen soll auch eine Saatgutplantage angelegt werden um die zukünftige Bereitstellung genetisch vielfältigen Saatgutes für kommende Generationen zu sichern.
In Zusammenarbeit mit unseren Forstämtern werden sämtliche aktuelle Maßnahmen der Saat, der Pflanzung und des Unterbaus im Wald wissenschaftlich begleitet.
Quellen
Gockel, H., Grawe, F. & B. Beinlich (2012) Mittelwaldähnliche Waldrandgestaltung und –nutzung zur Förderung der Nutzholzarten Stiel-Eiche, Trauben-Eiche und der Hainbuche sowie seltener Edellaub- und Nadelgehölze wie Elsbeere, Wacholder und Eibe – Endbericht, Borgenteich, 2012.
Roloff, A. (2019) Besonderheiten und Potentiale langlebiger Baumarten. In: AFZ-Der Wald Heft 4/2019 Seiten 24 bis 29.
Förderung: Das Projekt wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) gefördert.
Förderkennzeichen: 2223NR040X
Laufzeit: 01.08.2024 – 31.07.2027

